Fremdbetreuung von Kleinkindern für berufstätige Eltern – Pro's und Con's
Anfang Januar mischte auch die Politik im Kanton Thurgau mit. Fazit der zuständigen Regierungsrätin Monika Knill: Es gebe nicht nur eine Sicht auf dieses Thema. Es stimme aber, dass zurzeit vor allem externe Betreuungsangebote von der Politik gefördert würden, während Betreuungen zu Hause eher in den Hintergrund gestellt werden.
Was spricht für eine ausserfamiliäre Kinderbetreuung?
Eine Kita bzw. Krippe bietet berufstätigen Eltern und deren Kindern einige Vorteile. So soll das Spielen bzw. der Kontakt mit anderen Kindern das Sozialverhalten der Kinder fördern. Auch der Kostenpunkt ist für viele Eltern ausschlaggebend, da sich diese in öffentlichen Krippen nach dem Einkommen der Eltern richten. Ein weiterer Vorteil ist sicherlich, dass Ferienzeiten vorab planbar sind. Dies erleichtert die Ferienplanung insbesondere für Vollzeit berufstätige Eltern. Vorteilhaft aus Sicht der Kinder sind vor allem die vielfältigen Spiel- und Lernmöglichkeiten sowie die sprachliche und kognitive Förderung.
Doch es gibt auch Nachteile. So fällt es insbesondere schüchternen Kindern schwer, sich in einer Kita gut einzuleben. Je nach Gruppengrösse kann ausserdem keine individuelle Betreuung bzw. Förderung gewährleistet werden, Kinder sind auch häufig über längere Zeit auf sich alleine gestellt – vor allem bei einer schlechten Krippenführung oder unausgebildetem Personal. Zudem konnten Studien zeigen, dass Kita-Kinder gestresster sind als zu Hause betreute Kleinkinder.
Tagesfamilien als Alternative
Was oftmals vergessen geht: Ausserfamiliäre Betreuung ist nicht automatisch mit Kitas gleichzusetzen. Eine andere Betreuungsform – die Tagesfamilie – gerät häufig in Vergessenheit. Zu Unrecht. In Tagesfamilien ist jeweils eine Person zuständig für die Betreuung von Kindern aus verschiedenen Familien. In der Schweiz darf eine Tagesmutter bzw. ein Tagesvater höchstens fünf Kinder gleichzeitig betreuen – die eigenen eingeschlossen. Dies bringt zwei entscheidende Vorteile mit sich: die familiäre Atmosphäre und die (zeitliche) Flexibilität, die es Eltern ermöglicht, mit der Tagesmutter individuell zu vereinbaren, wann wie viel Betreuung notwendig ist.
Dass diese Betreuungsform oft keine konkrete Alternative für arbeitstätige Eltern darstellt, hängt vermutlich auch damit zusammen, dass der Bund in den letzten Jahren vorwiegend Kitas gefördert hat und Tagesfamilien zunehmend in den Hintergrund gedrängt wurden – und das trotz der vielen Vorteile, die diese Betreuungsform mit sich bringt.
Und was spricht gegen eine Fremdbetreuung?
Der Schweizer Psychologe Guy Bodenmann ist sich sicher, dass zu viel Krippe den Kleinen schadet – vor allem, wenn diese vor dem zweiten Lebensjahr dorthin geschickt werden. Er begründet dies damit, dass Kinder bis zum 15. Lebensmonat Zeit benötigen, um eine stabile Beziehung zu den engsten Bezugspersonen aufzubauen. Ein häufiger Wechsel von Bezugspersonen, wie dies in einer Kita der Fall ist, gefährde diese sichere Beziehung. Eine mögliche Folge: Kinder würden später beziehungsunfähig werden.
Es scheint aber, als komme es auch hier auf die Dosis an. Solange es wenige Stunden pro Woche sind, die Kleinkinder in einer Krippe verbringen, sollten keine negativen Auswirkungen auf die Entwicklung der Kinder befürchtet werden. In welchem Umfang dies pädagogisch der Wahrheit entspricht, ist nicht ganz klar; klar ist aber, dass Kleinkinder sicherlich auch von ausserfamiliären Kontaktpersonen profitieren können.
Karriere trotz Kind
Angesichts dieser Vor- und Nachteile fällt es Eltern alles andere als leicht, eine gute Lösung zu finden. Es darf jedoch einfach nicht sein, dass eine höhere Ausbildung der Mutter dazu führt, dass sich eine Frau gegen Kinder entscheidet. Denn noch immer ist es die Frau, die sich vorwiegend um den Nachwuchs kümmert und deshalb häufig karrieremässig zurückstecken muss, meist indem sie auf eine Teilzeitstelle umsteigt. Dies trifft umso mehr zu, wenn keine Grosseltern oder sonstige Verwandten in der Nähe wohnhaft sind, welche die Kinderbetreuung zumindest teilweise übernehmen. Und findet eine Familie doch eine Lösung für die Kinderbetreuung und die Mutter kann zu 100% im Arbeitsleben bleiben, wird sie nicht selten als Rabenmutter abgestempelt. Nichtsdestotrotz: Es zeigt sich ein positiver Trend was die Einstellung gegenüber berufstätigen Müttern angeht. Laut einer Umfrage des Bundesamts für Statistik befürwortet die Mehrheit der Befragten, wenn die Mutter nach kurzer Zeit wieder Vollzeit arbeiten geht und Eltern externe Betreuungsangebote in Anspruch nehmen – auch für Kleinkinder.
Fazit: Welche Betreuungsform optimal ist, muss jede Familie für sich entscheiden. Pauschal zu behaupten, dass sich eine ausserfamiliäre Betreuung negativ auf die Entwicklung von Kleinkindern auswirkt, ist jedoch irreführend. Dennoch sollten Familien, welche sich bewusst gegen eine Kita entscheiden, entsprechende Unterstützung erhalten. Die Politik täte beispielsweise gut daran, den Fokus auf traditionellere Betreuungsformen wie die Tagesfamilie zu legen. Wie viel Fremdbetreuung wann und für welches Entwicklungsstadium angemessen ist, hängt ausserdem nicht zuletzt vom jeweiligen Kind ab, denn jedes Kind ist anders und hat auch seine individuellen Bedürfnisse. Es ist vorstellbar, dass eine Mischung aus Eltern-, Krippen- und Grosselternbetreuung eine gute Lösung darstellen würde.